Statut

Statut zur Gründung von La gota negra

———-  Version vom 13.10.14  ————-

Präambel

Die Kollektive Kaffeerösterei “La gota negra” will als kollektiver Betrieb Teil einer Bewegung sein, deren Utopie ein anderes Gesellschaftsmodell ist. Freiheit ist ein wichtiges Gut dieser neuen Gesellschaftsordnung: Individuelle und kollektive Freiheit sind dabei auf einer Ebene und miteinander verschränkt. Das heißt für uns, dass individuelle Freiheit nicht über kollektiver Freiheit stehen soll und anders herum. Die Freiheit von Einzelnen endet dort, wo sie bei anderen zu Einschränkungen führt. In der Utopie stehen soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit im Vordergrund.

Kapitalistische Logik kann und soll in so einer Gesellschaft nicht funktionieren. Die Betriebe müssen von den Arbeitenden in Eigenregie organisiert werden – sie sollen selbst über die Produktionsmittel verfügen. Es wird bedarfsgerecht produziert. Produktionsüberschüsse kommen nicht vor oder werden umverteilt. Der Verkauf der eigenen Arbeitskraft als Ware wird unnötig und verschwindet. Es gibt keine Produkte mehr, deren Herstellung unter Ausbeutung und Zerstörung von Mensch und Umwelt vollzogen wird.
Um dieser Utopie Schritt für Schritt näher zu kommen, wollen die Kollektivmitglieder von „La gota negra“ nach libertären Werten leben und arbeiten. Dies bedeutet, dass die kollektiven Vorstellungen basisdemokratisch (im Konsens) im folgenden Statut festgehalten werden, welches als allgemein gültiger Binnenvertag gilt. Der Betrieb wird durch die Kollektivmitglieder selbst verwaltet – ohne Chef*in und Vorarbeiter*in. Das Kollektiv „La gota negra“ ist kein loser Zusammenhang von Menschen, sondern ein WIR, welches gemeinsam in die Zukunft blickt und Vereinzelung entgegenwirkt. Die Erfahrung zeigt, dass die Menschen des Kollektives die wichtigsten Bausteine für das Gelingen unserer konkreten Utopie sind.

“La gota negra“ röstet und vertreibt Kaffee. Der Import aus den Produzent*innenländern soll auf solidarischer Ebene mit den Kaffeebäuerinnen und Kaffeebauern ablaufen: Eine globale Vernetzung ist also notwendig. Kooperationen statt Konkurrenz beim Zusammenwirken mit ähnlichen Projekten/Kollektiven ist ein wichtiger Grundsatz, um eine solidarische Alternative zur kapitalistischen Marktwirtschaft zu erproben und durchzusetzen.

Das Kollektiv strebt eine höchstmögliche Transparenz in der Öffentlichkeit an, um darüber diese Konkurrenzmechanismen auszuhebeln: Es soll erreicht werden, dass sich viele Zusammenhänge für das Arbeiten in einem kollektiven Betrieb entscheiden. Dafür wird möglichst alles Wissen, welches das Kollektiv „La gota negra“ sammelt, weitergegeben. Auch für Konsument*innen ist eine höchstmögliche Transparenz wichtig, da sie sich so am besten über die Herkunft der verarbeiteten Rohstoffe, die Entstehung des Produkts und die Ethik des Betriebes informieren können.

Die kollektive Kaffeerösterei „La gota negra“ soll immer im Sinne des folgenden Statuts betrieben werden.

1. Entscheidungsstrukturen

Wir entscheiden alles im Konsens. Dabei wird vom Plenum festgelegt, welche Entscheidungen im gesamten Plenum und welche ggf. in Untergruppen gefällt werden. Wir wollen vermeiden, uns durch ein zu starres Konsens-von-allen-Prinzip an Stellen handlungsunfähig zu machen; will heißen: Alle wichtigen Entscheidungen sollen vom Gesamtplenum getroffen werden, darüber hinaus wird überlegt, welche Entscheidungen in autonomen Untergruppen gefällt werden können. Dabei entscheidet das Plenum, welche Punkte als so wichtig gelten, dass, wenn es um sie geht, alle Kollektivmitglieder am Entscheidungsprozess beteiligt sein müssen. Hierbei denken wir vor allem an Änderungen im Statut.

Entscheidungsfähig in Angelegenheiten, die nicht in den Rahmen der o.g. „wichtigen Entscheidungen“ fallen, ist das Plenum ab einer Teilnahme von 2/3 der Kollektivmitglieder. Explizit sei an dieser Stelle darauf verwiesen, dass die Teilnahme am Plenum verpflichtend ist!

2. Überschüsse

In erster Linie wollen wir keine Überschüsse produzieren. Als Kollektivbetrieb verstehen wir uns als Gegenmodell zum kapitalistischen Normalbetrieb und gehen davon aus, dass, wo Überschüsse erwirtschaftet werden, Ausbeutung stattfindet. Wir wollen die an unserer Produktionskette Beteiligten (vor allem den kollektiv/kooperativ Organisierten) von vorn herein so gut bezahlen, dass wir uns eben an ihnen nicht bereichern und gehen davon aus, dass dies Überschüsse eher verunmöglicht.

Wenn wir trotzdem ebensolche erwirtschaften, dann werden diese nicht privatisiert, sondern folgendermaßen aufgeteilt:

Als erste sollen alle am Herstellungsprozess Beteiligten davon profitieren. Dies kann z.B. dadurch geschehen, dass wir Geld in die Infrastruktur der beteiligten (Kollektiv)Betriebe stecken.

Weiterhin wollen wir, wenn dann immer noch Überschüsse vorhanden sein sollten, damit libertäre Projekte unterstützen. Auf diese wird sich im Konsens geeinigt; hierbei handelt es sich um eine „wichtige Entscheidung“ im Sinne von Punkt 1.

3. Handelspartner*innen

Unser Hauptanliegen beim Thema „Handelspartner*innen“ liegt in der Unterstützung bereits bestehender Kollektivbetriebe und dem Auf- und Ausbau weiterer solcher Strukturen. Weiterhin ist solidarischer Handel für uns eine Grundvoraussetzung für Zusammenarbeit. In den Anbauländern Kollektive und Kleinbauern zu unterstützen, spielt hier ebenfalls eine tragende Rolle. Langfristig sind befreundete Anbaukollektive vor Ort die schönste Lösung.

Beim Rohkaffee-Import wünschen wir uns langfristige Kooperationen und Preisstabilität. Uns ist wichtig, dass Kaffeebäuer*innen mit festen Einnahmen kalkulieren können und unabhängig vom

Weltmarktpreis für Rohkaffee, der durch Spekulationen starken Schwankungen unterliegt, zu wirtschaften in der Lage sind.

Wir wünschen uns eine Zusammenarbeit mit unseren Partner*innen, die auf Augenhöhe stattfindet. Das heißt, dass auch ein gegenseitiges Lernen stattfindet bzw. stattfinden kann. Wir wollen nicht im kapitalistischen Sinne Handelsbeziehungen eingehen, sondern mit Menschen interagieren; d.h. neben politischen Ansprüchen, die wir gegenseitig aneinander stellen, spielt auch zwischenmenschliche Sympathie eine Rolle.

Im Bewusstsein der Tatsache, dass es kein richtiges Leben im falschen gibt, müssen wir auf der anderen Seite einräumen, dass wir in bestimmten Bereichen wie z.B. dem Transportwesen auf Handelspartner*innen zurückgreifen werden müssen, die unseren Standards der solidarischen Ökonomie nicht entsprechen, sondern ganz normal kapitalistisch produzieren. Wir sind uns der Diskrepanz zwischen Realität und Utopie bewusst; verpflichten uns dabei aber selbst,immer die solidarisch produzierte Variante zu wählen, sofern es eine gibt.

4. Zwischenmenschlicher Umgang

Wir wollen unseren „guten“ Umgang miteinander nicht einfach so als Floskel formulieren, sondern uns von Anfang an auch der Mittel bedienen, die wir kennen, um derlei möglich zu machen: z.B. Befindlichkeitsrunde auf den Plena – die möglichst auf das Rösterei-Kollektiv bezogen ist! – und Supervision. Bei Konflikten streben wir zunächst an, diese im direkten Gespräch zu klären. Falls das nicht greift, wäre das Plenum zuständig, dann eine Mediation und als letztes Mittel eine Streitschlichtung von außen. Kein Mitglied des Kollektivs kann sich dem (dauerhaft) verweigern.

5. Transparenz

Transparenz hat in unserem Kollektiv einen hohen Stellenwert. Zum einen nach „innen“ zwischen den Kollektivmitgliedern insbesondere bei der Arbeitsorganisation (Punkt 8). Aber auch nach außen zu unseren Handelspartner_innen und Kund_innen. Wir finden einen offenen Umgang z.B. mit Arbeitsorganisation, Löhnen und Preisfindung wichtig, weil wir dies als einen wichtigen Schritt hin zu einer solidarischen Gesellschaft ohne Konkurrenz und Leistungsdruck sehen.

Unserer Ziel ist es auch unser Wissen und unsere Fähigkeiten zu teilen und dieses nicht als exklusives geistiges Kapital für uns zu behalten.

Dabei versuchen wir so transparent und ehrlich wie möglich zu handeln, auch wenn z.B. nicht alle Handelspartner_innnen in unserer Vertriebskette 100 Prozent unseren Idealen entsprechen.

Transparenz nach außen endet da, wo zu schützende Rechte Dritter berührt werden. Dies betrifft insbesondere persönliche Daten oder Daten, durch welche direkt oder durch Kombination mit anderen Daten Rückschlüsse auf persönliche Daten möglich sind.

6. Gerechte Entlohnung / Lohnerhöhungen

Der Bruttostundenlohn für alle Kollektivmitglieder unabhängig von ihrer Qualifikation ist gleich, soll jedoch nicht den ortsüblichen Durchschnittslohn überschreiten. Die aktuellen Entgelte werden regelmäßig veröffentlicht.

7. Eintritt / Austritt / Rausschmiss

Eintritt

Eintritte müssen im Konsens von allen Mitgliedern des Kollektivs beschlossen werden. Die Probezeit für Neueinsteiger_innen beträgt 6 Monate. Alle Personen die langfristig im Kollektiv arbeiten müssen auch Kollektivmitglieder sein. Ausgeschlossen davon sind Praktika und die Probezeit vor dem Eintritt ins Kollektiv.

Austritt

  1. Der reguläre Austritt aus dem Kollektiv wird mindestens 1 Jahr vorher auf dem Plenum bekanntgegeben. Dies ist notwendig damit ausreichend Zeit bleibt Ersatz zu finden und die Arbeitsbereiche zu übergeben. Das Arbeitsverhältnis und die Mitgliedschaft im Kollektiv mit allen Rechten und Pflichten enden dann zum vereinbarten Stichtag.
  2. Unter besonderen Umständen ist ein Austritt aus dem Kollektiv jederzeit möglich. Er erfolgt durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Plenum und beendet das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung.
  3. Beim Austritt unter besonderen Umständen behält das Kollektivmitglied für einen Zeitraum von weiteren 6 Monaten nach dem Austritt den Status eines „Kollektivmitglied a.D.“, d.h. es bleibt für weitere 6 Monate mit allen Rechten und Pflichten an dieses Statut gebunden (außer die Erfüllung des abgesprochenen Arbeitspensums). Die Dauer dieses Zeitraums kann im gegenseitigen Einvernehmen verkürzt werden.
  4. Beim Austritt aus dem Kollektiv besteht kein Anrecht auf einen Teil des Betriebsvermögens.

Rausschmiss

Wenn alle Konfliktlösungsstrategien kein Erfolg bringen steht am Ende das Schiedsgericht zur gemeinsamen Entwicklung von Handlungsoptionen und Lösungsstrategien.

Ein Rausschmiss (Ausschluss eines Kollektivmitglieds gegen ihren/seinen Willen) muss grundsätzlich möglich sein, um im Zweifel ein Fortbestehen des Kollektivs zu ermöglichen.

Ein Rausschmiss ist an folgende Bedingungen geknüpft:

  1. Ein Rausschmiss ist nur aufgrund mehrfachen, abgemahnten Verstoßes gegen die Bestimmungen dieses Statuts möglich.
  2. Jeder einzelne Rausschmiss muss von den verbliebenen Kollektivmitgliedern einstimmig beschlossen werden.
  3. Ein Rausschmiss leitet in jedem Fall ein Schiedsverfahren zwischen dem dem/der Betroffenen und den verbleibenden Mitgliedern des Kollektivs ein, dessen Ergebnis die Ungültigkeit des Rausschmisses sein kann.
  4. Wird ein Rausschmiss im Schiedsverfahren bestätigt, erfolgt der sofortige Ausschluss aus dem Kollektiv. Die für den Ausschluss unter besonderen Umständen geltende 6 Monate andauernde Bindung gilt für den Rausschmiss nicht.

8. Arbeitsorganisation

Die Aufteilung der Arbeit erfolgt im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse nach individuellen Vorlieben. Im Streitfall entscheidet das Plenum. Es kann jedoch niemand zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden.

In jedem Aufgabenbereich gibt es mindestens 2 „Spezialist*innen“. Darüber hinaus sollen alle mit den Basics aus allen Bereichen vertraut sein.

Wir wollen uns in allen Arbeitsbereichen gegenseitig unterstützen. Gute Kommunikation zwischen den Kollektivmitgliedern ist notwendig. Das Plenum findet in der Regel einmal pro Woche, jedoch mindestens einmal pro Monat statt. Auf dem Plenum werden organisatorische, inhaltliche und emotionale Themen besprochen. Anwesenheit aller Kollektivmitglieder ist verpflichtend. Die Ergebnisse des Plenums müssen gut dokumentiert werden.

Es gibt eine klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit, d.h. in der Freizeit muss mensch nicht erreichbar sein. Arbeit von zu Hause ist allerdings nicht ausgeschlossen.

Es besteht die Pflicht bei Bedarf in allen Arbeitsbereichen tätig zu werden. Weiterhin sollen sich alle Kollektivmitglieder mindestens 2 Stunden pro Woche mit „fremden“ Arbeitsbereichen beschäftigen. Jeder Arbeitsbereich soll übersichtlich dokumentiert werden.

Monotone, belastende und gefährliche Arbeiten sollen ebenso wie qualifizierte Arbeit, Kreativ-, Planungs- und Kontrolltätigkeiten möglichst gleich umfänglich unter allen Mitgliedern des Kollektivs aufgeteilt werden. Deshalb wird von jedem Mitglied des Kollektivs die Bereitschaft zur fachlichen Fortbildung in betrieblichen Schlüsselkompetenzen erwartet.

9. Arbeitszeiten

Die Arbeitszeiten werden von allen Kollektivmitgliedern im Plenum selbstbestimmt festgelegt. Die Existenzerhaltung des Kollektivs steht dabei im Vordergrund. Es soll vermieden werden, dass auf Grund von zu unterschiedlich investierter Zeit informelle Hierarchien (wer viel mehr arbeitet, ist viel besser informiert) entstehen. Eine informelle Hierarchie kann auch eine zu hohe Belastung und Überverantwortung der „eventuell besser informierten“ mit sich bringen, deshalb ist ein Arbeiten „auf Augenhöhe“ erwünscht. Es werden mindest und maximal Arbeitszeiten für die Kollektivmitglieder festgelegt:

Die durchschnittliche Mindestarbeitszeit pro Woche beträgt 12 Stunden, die durchschnittliche Maximalarbeitszeit pro Woche liegt bei 30 Stunden. Das gemeinsame Plenum ist Teil der Arbeitszeit.

Die länge der Arbeitstage kann den persönlichen Bedürfnissen der Kollektivmitglieder angepasst werden, sofern der betriebliche Ablauf dies zulässt.

Wenn die Arbeitszeiten zu ungleich verteilt sind, sodass die Organisation des Betriebs darunter leidet, wird im Plenum darüber verhandelt.

Wenn die Gesamtarbeitsstunden der Kollektivmitglieder hinsichtlich der Betriebsanforderung nicht ausreichen, muss darüber auch im Plenum verhandelt und entschieden werden.

10. Altersvorsorge

Die Entlohnung der Kollektivmitglieder enthält einen angemessenen Anteil der Altersvorsorge.

Die Altersvorsorge kann nicht aus dem Kollektivvermögen bestritten werden.

Ein gemeinsamer Fonds der Kollektivmitglieder für die Altersvorsorge ist angestrebt, dafür soll ein gesonderter Fondsvertrag erstellt werden; Eine Mitgliedschaft im Fonds ist nicht zwingend an die Mitgliedschaft im Kollektiv gekoppelt.

Wir finden eine Altersvorsorge nicht nur in finanzieller und materieller Hinsicht wichtig: Wir wollen nachhaltige soziale Netzwerke aufbauen und mit beleben, um einer Vereinzelung im Alter vorzubeugen und die Abhängigkeit von individuell-materieller Vorsorge im Alter zu verringern.

11. Teilung / Auflösung / Zusammenschluss

Teilung

Eine Teilung des Betriebs muss im Konsens entschieden werden. Bei neuen Marktbereichen, die aus dem Betrieb entstehen ist gewünscht, dass ein neuer, eigenständiger Betrieb als Arbeitskollektiv gegründet wird, damit wirtschaftlich unabhängig voneinander agiert werden kann. Wenn kein Konsens zum Thema Teilung existiert wird ein Schiedsgericht angerufen. Wenn der alte Betrieb durch eine Teilung in seiner Existenz bedroht ist, kann ein Veto ausgesprochen werden.

Die Teilung von Vermögen und Schulden des Betriebs erfolgt in einem Verhältnis, welches der summierten Gesamtarbeitszeit in Stunden der Mitglieder der beiden Gruppen (=Quote) entspricht.

Alle bis zum Zeitpunkt der Teilung angesammelten immateriellen Werte des Betriebs (Geschäftsbeziehungen, Kundenkontakte, Daten, andere Informationen u.ä.) können von beiden Gruppen gleichermaßen beansprucht werden.

Eine Teilung des Kollektivs muss nicht notwendig auch zu einer Teilung des Betriebs führen. Wird dies jedoch von einer Partei gewünscht, stehen die vorhandene „Firma“(Name des Betriebs), der Standort, Telefonnummern, IP-Domänen u.ä. Der Gruppe mit der höheren Quote (s.o.) zu.

Alle aus einer Teilung hervorgehenden Betriebe müssen weiterhin als Kollektiv organisiert sein und bleiben an den Inhalt dieses Statuts gebunden – insbesondere an die Bestimmungen zu den basisdemokratischen Entscheidungsstrukturen, dem Verbot der Lohnarbeit und zur Verwendung von Überschüssen. Der Text der Präambel kann im Einvernehmen aller den Wünschen der neuen Kollektive angepasst werden.

Alle weiteren Details der Teilung werden zwischen den Gruppen verhandelt. Fragen, in denen sich die Gruppen nicht einigen können, werden in einem Schiedsverfahren entschieden.

Auflösung

Die Auflösung des Kollektivs muss im Konsens entschieden werden.

Ein bei Auflösung eventuell anfallender Gewinn (Überschuss nach Ausgleich aller Verbindlichkeiten, Rückzahlungen aller Fremddarlehen, vollständige Kapitalneutralisierung und Auszahlung von Rücklagen für betriebliche Sozialleistungen) wird nicht an die Mitglieder des Kollektivs ausgezahlt, sondern in einem von den Kollektivmitgliedern festzulegendem Verhältnis für die folgenden Zwecke verwendet:

  • Als Unterstützung für die Gründung neuer Kollektive
  • Spenden an soziale oder libertäre Projekte
  • Spenden an Kooperativen und Produzent*innen
  • Aufbau von solidarischen Alternativen zur neoliberalen Marktlogik

Zusammenschluss

Ein Zusammenschluss mit anderen Kollektiven muss von allen Kollektivmitgliedern einvernehmlich, also im Konsens entschieden werden.

Das aus dem Zusammenschluss entstehende neue Kollektiv bleibt an den Inhalt dieses Statuts gebunden, insbesondere an die Bestimmungen zu den basisdemokratischen Entscheidungsstrukturen, dem Verbot der Lohnarbeit und zur Verwendung von Überschüssen. Der Text der Präambel kann den Wünschen des neuen Kollektivs angepasst werden.

12. Konfliktbearbeitung

Innerhalb des Kollektivs soll ein hohes Augenmerkt auf Vorbeugung und Bearbeitung von Konflikten gelegt werden. Meinungsverschiedenheiten sollen möglichst früh geklärt werden, damit es gar nicht erst zum Konflikt kommt.

Können Konflikte nicht gelöst werden, wird ein Schiedsgericht angerufen und kein bürgerliches Gericht! Das Schiedsverfahren ist im bürgerlichen Zivilrecht verankert: Auf Basis einer Schiedsordnung entscheidet ein `privates Zivilgericht` einen Streitfall durch einen Schiedsspruch, welcher an die Stelle des Urteils eines staatlichen Zivilgerichts tritt.

Die unterzeichnenden Personen dieses Statuts verzichten darauf, zur Durchsetzung individueller Ansprüche ein staatliches Gericht anzurufen. Statt dessen verpflichten sie sich, unter Verzicht auf alle Rechtsansprüche die Entscheidung eines Schiedsgremiums zu akzeptieren

Konflikte werden bestenfalls anhand des erdachten Stufenkonzepts bearbeitet (1. Zweiergespräch, 2. Gespräch im Plenum, 3. Hilfe von Außen holen). Außerdem soll eine regelmäßige Supervision stattfinden, in der unter anderem Strategien und Werkzeuge zur Konfliktbearbeitung erarbeitet werden. Bei nicht selber lösbaren Konflikten dürfen sich die Konfliktparteien nicht einer Unterstützung von außen (zB. Mediation / Schiedsgericht) verwehren.

Ein Schiedspruch ist für die Konfliktparteien bindend und kann für vollstreckbar erklärt werden.

Jedes Mitglied des Kollektivs hat jederzeit das Recht, ein Schiedsverfahren (im Sinne der Zivilprozessordnung) einzuleiten, falls einer der folgenden Gründe vorliegt:

  • Ein Beschluss des Plenums verletzt die Persönlichkeitsrechte oder die Menschenwürde eines Kollektivmitglieds
  • Ein Beschluss des Plenums ist sexistisch, rassistisch, faschistisch, militaristisch oder gewaltverherrlichend
  • Ein Beschluss des Plenums verstößt gegen dieses Statut
  • Ein Schiedsverfahren ist in diesem Statut vorgesehen

Das Plenum kann eine externe Kontrollinstanz (Organisation, Einzelperson) benennen, welche befugt ist, unter den selben Bedingungen wie ein Kollektivmitglied ein Schiedsverfahren einzuleiten.

Das Schiedsgremium hat drei Mitglieder. Je ein Mitglied wird von jeder Konfliktpartei ersannt, das dritte wird einvernehmlich von den beiden ersten Mitgliedern des Schiedsgremiums ernannt. Das Schiedsgremium entscheidet im Notfall mit einfacher Mehrheit.

Aufgabe des Schiedsgremiums ist es , die Verhandlungen der Konfliktparteien zu moderieren oder in Einzelgesprächen mit den Konfliktparteien nach Lösungsalternativen zu suchen. Erst wenn auf diesem Weg keine Einigung möglich ist, entscheidet das Schiedsgremium den Streitfall.

Grundlage für die Entscheidungen des Schiedsgerichts ist dieses Statut und die darin zum Ausdruck kommenden Absichten und Werte, sowie die Prinzipien von Selbstverwaltung und solidarischer Ökonomie.

Der Schiedsspruch ist endgültig und kann nicht angefochten oder revidiert werden. Der Rechtsweg zu einem staatlichen Zivilgericht ist ausgeschlossen.

13. Urlaub / Betriebsferien / Auszeiten

Es soll individuell wählbare Urlaubszeiten geben. Diese müssen in den Betriebsalltag passen.

Es kann im Plenum einvernehmliche Urlaubssperren geben.

14. Fortbildung

Fortbildungen werden im Konsens entschieden und zählen als Arbeitszeit. Der betrieblich Rahmen gibt die Umfänge und Budgets für Fortbildungen vor. Wir unterscheiden interne, externe und autodidaktische Fortbildungen. Alle Kollektivmitglieder sollen sich in ähnlichem Umfang fortbilden.

15. Praktikum

Praktikant_in soll keine Arbeitskraft ersetzen. Praktikum muss sich das Kollektiv leisten können, weil mehr Arbeit entsteht und eine Person zum erklären abgestellt werden muss. Praktika dienen nicht den Zielen des Projekts, sondern der Ausbildung der PraktikantInnen. Sie werden grundsätzlich nicht bezahlt, das Plenum kann jedoch eine Aufwandsentschädigung zum Zweck der Ermöglichung eines Praktikums beschließen.

was heißt Praktikum:

  • lernen Verantwortung zu übernehmen
  • Kollektivalltag kennenlernen
  • Praktikant_innen können selber entscheiden was sie lernen wollen bzw. wie lange
  • Praktikum endet wenn nichts mehr gelernt werden kann

16. Scheiterkriterien

Wenn ein Scheiterkriterium greift löst sich das Kollektiv auf. Entweder wird der Betrieb eingestellt oder ein anderes Kollektiv führt den Betrieb im Sinne dieses Statuts weiter.

Als Scheiterkriterium gelten:

Länger anhaltende Verstöße gegen das Statut oder das Scheitern eines Schiedsverfahrens.

17. Veränderungen am Statut

Veränderungen werden nur im Konsens getroffen. Vorher ist eine Reflexion mit befreundeten kollektiven Strukturen notwendig. Änderungen müssen sich an den ethischen/moralischen Vorstellungen der Präambel messen.

18. Konkurrenz

Wir streben keine Konkurrenz zu anderen Kollektiven an, sondern wollen möglichst kooperativ agieren. Langfristig wünschen wir uns den Aufbau solidar-ökonomischer Netzwerke von Produzenten- und Konsumentenorganisationen. Unser Ziel ist eine Gesellschafts-/Wirtschaftsordnung ohne Konkurrenz, dafür aber mit bedarfsgerechter Produktion.