Solidarischer Handel

Die Marktwirtschaft kapitalistischer Prägung ist nicht solidarisch, was sich leicht an Schlüsselbegriffen wie “Gewinnorientierung”, “Profitmaximierung” etc. ablesen lässt. Wo es um die beständige Schaffung von Mehrwert geht, hat Solidarität höchstens auf dem Papier ihren Platz. Realität ist, dass sich die eine Seite der Produktionskette permanent über die Maßen bereichert und die Produzent*innen an ihrem anderen Ende nur mit Glück gerade genug zum bloßen Überleben haben. Das erscheint uns weder fair noch viel weniger solidarisch; und deshalb werden wir mit unserer Kaffeerösterei einen anderen Weg einschlagen.


Das berühmte Adorno-Zitat vom richtigen Leben im falschen manifestiert sich besonders eindrucksvoll beim Thema „Konsum“. Es scheint oft, als könne mensch nicht anders, als sich in Widersprüche zu verstricken. Mensch und Tier werden in der Produktionskette ausgebeutet; und die „BIO“- und „FAIRTRADE”-Labels sind häufig nicht das was sie
versprechen. Nun steigen wir selbst in den Handel ein – wie passt das zusammen? Die Antwort ist so einfach wie vielschichtig: wir wollen solidarisch handeln. Dazu gehört, dass wir die Rohkaffeebohnen, die wir verarbeiten, von Kollektiven kaufen, die wir bestenfalls persönlich kennen. Dazu gehört auch, dass wir Gewinne, die wir erwirtschaften, solidarisch auf andere an der Produktionskette Beteiligte umlegen; zum Beispiel auf die Bäuerinnen und Bauern in den Exportländern.
Wir versuchen, das Netzwerk solidarischer Ökonomie auszudehnen und damit Stück für Stück eine Alternativwirtschaft aufzubauen, indem wir z.B. Wert darauf legen, dass unsere Partner*innen auch Kooperativen sind;
soweit es sekundär Beteiligte wie etwa Transportbetriebe, Verpackungshersteller usw. betrifft (die wahrscheinlich nicht kollektiv organisiert sind), bemühen wir uns, diejenigen zu finden, die unseren politischen Mindeststandards möglichst nahe kommen: (wenigstens annähernd) gerechte Entlohnung der Angestellten, nachhaltiger Umgang mit
Ressourcen und ein transparentes Auftreten.

Wir wollen die Möglichkeit haben, die gesamte Produktionskette zu überschauen, kritisch zu hinterfragen und möglicherweise beeinflussen zu können. In der sogenannten „freien“ Marktwirtschaft funktioniert Export
von Hochpreisrohstoffen wie Kaffee meist so, dass diejenigen daran am meisten verdienen, die den Rohstoff veredeln. Für die Menschen, die den Kaffee ernten, bleibt oft nicht einmal die Existenzsicherung. Hier setzen wir an, indem wir vor Ort nur mit Kooperativen und Kollektiven zusammenarbeiten. Wenn wir eine solche Partnerschaft eingehen, so ist für uns klar, dass diese nicht von heute auf morgen aufgekündigt werden kann. Das heißt für unsere Handelspartner_innen Planungssicherheit und Unabhängigkeit vom Weltmarktpreis. Für uns vielleicht zum Beispiel, dass es eine spezielle Bohne nur über einen begrenzten Zeitraum hinweg gibt – auch wenn die Nachfrage groß ist und wir nach kapitalistischen Spielregeln anders handeln würden.

… und wie soll das funktionieren?

In Hamburg gibt es bereits mehrere Kollektive, die mit Kaffee arbeiten. Mit diesen haben wir uns bereits vernetzt und können an Ressourcen und Know-How teilhaben. Zunächst ist der Plan, über bereits bestehende kollektive Strukturen zu importieren. Mittelfristig wollen wir vielleicht weitere Produktionskooperativen ausfindig machen und die Zusammenarbeit noch direkter gestalten. Wir arbeiten eng mit den anderen Kollektiven zusammen und legen gesteigerten Wert auf gute Absprachen; So sehen wir uns nicht als Konkurrenz zu anderen Kollektiven!

Wir fertigen kleinere Produktionseinheiten, die dann natürlich auch teurer sind als industriell gerösteter Kaffee. Das ist uns bewusst und wir nehmen es billigend in Kauf, denn eben dies ist für uns ein Grund, den Kapitalismus zu kritisieren: möglichst alles soll immer und zu Schleuderpreisen erhältlich sein- egal welche Opfer das Produkt auf seinem Weg zurückgelassen hat. Dazu wollen wir einen Gegenpol schaffen, indem wir uns an dem von uns erwirtschafteten Geld – über die Deckung unseres Bedarfs hinaus – nicht selbst bereichern, sondern soweit wir können anfangen, das Geld dorthin zurück zu schaffen, von wo es seit Jahrhunderten ausgebeutet wird. In die Länder, in denen die Rohstoffe abgebaut werden!

In dieser Dokumentation von Zwischenzeit e.V. könnt ihr den Weg des Kaffees von den zapatistischen Gemeinden bis zu uns in die Rösterei sehen, ab Minute 19.31 wird die Rösterei gezeigt:

VIDEO Andere Welten vor der Haustür – Kaffee für eine bessere Welt
https://www.youtube.com/watch?v=o82Naonjpvw