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Interview mit Eliseth Peña zur indigenen Guerilla Quintín Lame

Bei der mündlichen Überlieferung geht vieles verloren

Interview mit Eliseth Peña, Regisseurin des Films „Der letzte Kommandant der Quintines“

Eliseth Peña (Jahrgang 1991) ist kolumbianische Journalistin und nur durch Zufall darauf gekommen, dass ihre Eltern der ersten indigenen Guerilla Lateinamerikas angehörten. Das Movimiento Armado Quintín Lame war im Cauca, der Region im Süden Kolumbiens, aktiv. Dessen Geschichte und damit auch die ihrer Eltern hat sie filmisch rekonstruiert.

Ein Interview von Knut Henkel

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Reisebericht Cauca Teil 2

Reisebericht Cauca zweiter Teil vom 14.10.2020

Dies ist der zweite Teil des Reiseberichts von Martin und Kerstin vom Kaffee Kollektiv Aroma Zapatista aus Kolumbien – diesmal im online Format, dem wir als La Gota Negra beiwohnen durften. Vielen Dank für die Einladung dazu !

Programma Mujer (PM)

So heißt das Frauenprogramm innerhalb der CRIC (Rat der Indigenen aus dem Cauca). Beim letzten Treffen mit dem PM vor 2 Jahren ist die gemeinsame Idee entstanden einen eigenen „Frauenkaffee“ herauszubringen, d.h. einen Kaffee, der nur von weiblichen Bäuerinnen der CENCOIC (zentrale indigene Kooperative des Cauca) produziert wurde. Für Kerstin und Martin war dies natürlich eine super Gelegenheit den neuen „Tierra y Luna“ Espresso präsentieren zu dürfen. Außerdem hatten sie Veröffentlichungen und Artikel zum PM aus Deutschland von verschiedenen Zeitschriften wie: frauen*solidarität, Graswurzelrevolution und der iz3w im Gepäck. Für beides gab es sehr viel Anerkennung und Applaus.

Als neue Errungenschaft ist jetzt eine Frau im obersten Rates des CRIC vertreten (auch wenn langfristig eine paritätische Besetzung erreicht werden soll). Neu ist auch, dass Gewalt gegen Frauen offen thematisiert wird und dass dem PM eigene Räume in den Selbstverwaltungen der Rescuardos zur Verfügung stehen. Leider ist es allerdings immer noch so, dass Frauen meist alle „Care Aufgaben“ übernehmen müssen und Teilhabe und Anerkennung im CRIC offene Versprechen der Bewegung bleiben. Deshalb ist auch die ökonomische Teilhabe – die mit der Forderung nach mehr Landbesitz einhergeht – ein wichtiges Thema für das PM.

Problematisch ist zudem, dass viele Frauen gezwungen sind in der „Drogenwirtschaft“ zu arbeiten, weil sie nur dort Beschäftigung finden und diese besser bezahlt ist. Deshalb ist die Entmilitarisierung der indigenen Gebiete und Schaffung ökonomischer Alternativen für Frauen elementar. Es wurden Strukturen zur Unterstützung von Betroffenen von Gewalt geschaffen, jedoch soll sich vor allem strukturell etwas verändern. Deshalb finden z.B. auch Workshops für Männer zu Gender Themen statt.

Schwangerschaftsabbruch ist im Moment ein kontrovers diskutiertes Thema in Kolumbiens Gesellschaft. Beim PM gibt es dazu keinen Konsens. Abbrüche, durchgeführt mit pflanzlichen Mitteln, sind jedoch schon lange Praxis in einigen Gemeinden. Des weiteren werden häufig Abbrüche bei Zwillingsschwangerschaften praktiziert, um Risiken für Kinder und Mutter zu verkleinern.

Traurigstes Kapitel in jüngster Zeit war der Mord an Christina, 29 jähriges Mitglied im PM. Sie wurde von Paramiltärs getötet, was ein großer Bruch in der Arbeit des PM war und langfristig viele Frauen stark erschüttert hat.

Es gab im online Seminar noch mal Nachfragen zu LGBTQ Themen und ob diese beim PM präsent sind. Diese Kategorien waren bei den Treffen mit dem PM nicht präsent. Es wurde hauptsächlich in Mann, Frau, Kind aber auch alt und jung unterteilt.

Guardia Indigena (GI)

Das Ziel der GI ist der Schutz der Indigenen Gemeinden vor Eindringlingen von außen. Das Gefühl der Selbstermächtigung mit dem Einsatz des eigenen Körpers. Die GI trägt keine Waffen, sondern nur einen Baton (Holzstock) als symbolisches Autoritätszeichen. GI ist ein Prozess der in den Gemeinden entsteht – gewaltfrei und entschlossen von unten – jedoch arbeiten die GI inmitten einer Gewaltherrschaft von Drogenkartellen, Paramilitärs und anderen bewaffneten Gruppen, was sie vor spezielle Herausforderungen stellt. Da viele Resguardos Drogenanpflanzverbote mit Hilfe der GI durchsetzen wollen, werden diese zur direkten Zielscheibe.

Der Prozess der GI ist sehr sichtbar und einflussreich in den indigenen Gemeinden. Die GI kümmert sich um Menschenrechte, pol. Bildung aber auch Umweltschutz ( z.B. illegaler Baumeinschlag). Häufig wechseln Leute aus der GI später in selbstorganisierte Verwaltungsstrukturen des CRIC.

Ein wichtiges Element der indigenen Philosophie ist die emotionale Verbindung eines jeden Einzelnen mit dem Land und der Natur und daraus entstehend eine gefühlte Verpflichtung zum Schutze dessen. Darüber hinaus ist der Tourismus ist wichtiger Wirtschaftszweig in vielen Regionen. Um Naturschutzgebiete zu wahren arbeitet die GI mit der Guardia Campesina aus anderen indigenen Gebieten zusammen. Die Ausbildung eigener Mediziner_innen und die Produktion von Medikamenten auf Pflanzenbasis ist zudem wichtige Basis der eigenen Autonomie. Wie das Programma Mujer wird auch die GI von Aroma Zapatista mit Unterstützungsgeldern supportet.

Probleme

Es herrscht im Moment eine extrem hohe Bedrohungslage: sie werden sehr oft direkt als GI mit Schusswaffen angegriffen oder bedroht. Des weiteren gibt es keine staatliche Anerkennung der GI. Ziel ist allerdings nicht die Unterordnung staatlicher Institutionen, sondern eine unabhängige, selbstorganisierte Struktur zu bleiben. Die Arbeit in der GI ist ehrenamtlich. Es gibt kein Geld vom Staat. Finanziert wird das Ganze hauptsächlich über die eigenen Familien oder Kleinst-Spenden. Es gab interne Kritik an der Außenwirkung: das Auftreten einiger Mitglieder der GI erscheint für viele zu militaristisch. Außerdem ist auch Alkoholkonsum immer wieder Thema auf internen Treffen.

Es soll ein 108 Punkte Plan erarbeitet werden, wie die GI sich gegen gewalttätige Gruppen und deren Bedrohungen in Zukunft durchsetzten kann.